Veröffentlicht am Schreib einen Kommentar

Besuch bei unserem Bambuslieferanten

Sample room

Keine ganz normale Reise – Besuch bei unserem Bambuslieferanten in China. Ein Bericht über Produktion, Wälder, Essen, Steckmücken und technische Probleme…

Ein Bericht über die Reise von Christian nach Youxi im August 2019

Im Sommer 2019 war es wieder einmal soweit: Ein Besuch bei der Familie meiner Frau in Südchina stand, nach längerer Zeit, wieder einmal auf dem Programm. Diese Gelegenheit („wenn ich schon mal in der Nähe bin“, wobei „Nähe“ relativ zu sehen ist) wollte ich nutzen, um auch einen Besuch bei unserem Lieferanten für unsere Brotzeitbox zu machen.

Reiseroute
Reiseroute innerhalb Chinas

Planung und Vorbereitung der Reise zu unserem Bambuslieferanten

Nachdem mir die Idee des Lieferantenbesuchs in den Sinn gekommen ist, war der erste Schritt, zuerst die generelle Möglichkeit einer Werksbesichtigung abzuklären. Glücklicherweise zeigte sich unsere Ansprechpartnerin sehr offen bzw. geradezu erfreut und hat den Besuch sofort bestätigt. Auch bezüglich eines Termin gab es keine besonderen Einschränkungen, lediglich ein Werktag sollte es sein. Für unseren gesamten Chinaaufenthalt hatten wir insgesamt ca. vier Wochen eingeplant. Es sollte also kein großes Problem darstellen, in diesem Zeitfenster einen passenden Termin zu finden.

China ist nun bekanntermaßen ein recht großes Land und so wollte ich den Lieferantenbesuch noch mit dem einen oder anderen Zwischenstopp verbinden. Während meiner Zeit in China in den Jahren 2010 und 2011 hatte ich schon verschiedene Städte besucht. Es blieben aber noch zahlreiche weitere Reiseziele übrig. Aufgrund der günstigen Lage fiel unsere Wahl schließlich auf die beliebte Metropole Xiamen, direkt an der Küste. Bei den schwül-heißen Temperaturen des Sommers in China, wäre eine Abkühlung im Meer doch eine willkommene Gelegenheit.

Das geeignete Transportmittel

Die Entscheidung für den Zug als Transportmittel war schnell gefällt, ist doch das Schienennetz in China bestens ausgebaut. Mit den Hochgeschwindigkeitszügen lassen sich auch große Entfernungen relativ schnell überwinden. Auch eine geeignete Unterkunft war schnell gefunden. Eine Ferienwohnung in einem Wolkenkratzer direkt im Stadtzentrum war für unsere Zwecke optimal.

Für den restlichen Weg von Xiamen nach Youxi, wo sich das Werk des Bambuslieferanten befindet, sollte es dann noch eine weitere Zugfahrt von ca. 2 1/2 Stunden sein, welche ich dann alleine beschreiten musste. Die Rückfahrt war für den gleichen Tag geplant, so war keine Unterkunft direkt vor Ort notwendig.

Somit waren alle notwendigen Vorbereitungen abgeschlossen und es konnte dann auch schon bald losgehen.

Anreise nach Xiamen

Die Koffer waren gepackt und so machten wir uns eines Morgens auf: Nach einer kurzen Fahrt mit dem Taxi zur „Subway-Station“ ging es mit der modernen U-Bahn erst mal zum Bahnhof. Dort kämpften wir uns durch die Menschenmassen, sowie die Sicherheits- und Ticketkontrolle und kamen schließlich an unserem Gate an. Nach kurzer Wartezeit durften wir dann an Bord des Hochgeschwindigkeitszugs, welcher dann auch pünktlich in Richtung Xiamen aufbrach.

Nach einigen Stunden kamen wir wie geplant in Xiamen an, um uns dort dann erst mal in die ewig lange wirkende Warteschlage am Taxistand anstellen zu dürfen. Als wir dann an der Reihe waren und alle in ein Taxi steigen wollten, kam die nächste Überraschung: Der Fahrer wies uns vehement darauf hin, dass im Taxi lediglich Platz für vier Gäste ist (wir waren drei Erwachsene und zwei Kinder). Wir haben uns zwar gewundert (in anderen Städten in China gab es diesbezüglich noch nie irgendwelche Hinweise), mussten aber einlenken und sind letztendlich mit zwei Taxis zu unserer Ferienwohnung ins Stadtzentrum gefahren. Glücklicherweise ist Taxifahren in China nach wie vor relativ günstig und so konnten wir das „verschmerzen“ und waren froh, am frühen Abend dann endlich an unserem Zwischenziel angekommen zu sein.

Aussicht aus unserer Wohnung im Wolkenkratzer
Aussicht aus unserer Wohnung im Wolkenkratzer

Weiter nach Youxi (Standort unseres Bambuslieferanten)

Nach zwei Tagen in Xiamen ging es dann für mich am frühen Morgen des dritten Tages alleine weiter nach Youxi. Meine Kenntnisse der Chinesischen Sprache sind leider immer noch recht überschaubar und umgekehrt die Fremdsprachenkenntnisse der meisten Chinesen auch eher bescheiden. Daher kamen die Anweisungen an den Taxifahrer noch von meiner Frau. Ohne Probleme kam ich dann auch rechtzeitig am Bahnhof an und war kurze Zeit später bereits im Zug. Nach ein paar wenigen Zwischenstopps erreichte ich dann den Bahnhof von Youxi, wo ich freundlicherweise direkt von Anita, unserer Betreuerin beim Lieferanten abgeholt wurde.

Ankunft am Bahnhof der Stadt unseres Bambus Lieferanten
Bahnhof von Youxi

Werksbesichtigung

Nach wenigen Minuten Autofahrt, kamen wir dann auch schon im Werk an und ich konnte mir im Rahmen einer Werksbesichtigung direkt ein umfassendes Bild machen. Auch der Werksleiter hat mit sehr freundlich empfangen. Unsere Konversation war allerdings aufgrund der Sprachbarriere (er konnte kein Englisch) auf ein Minimum beschränkt. Der Rundgang durch die Fabrik (mehr zum Produktionsprozess findest du hier) endete dann im sog. „Sample Room“. Dort waren zahlreiche Produktmuster zu sehen. Im Vorfeld war ich bereits in Kontakt mit Anita und hatte ihr mitgeteilt, welche Produkte für uns am interessantesten sind. Genau diese Produkte waren dann größtenteils schon für mich vorbereitet. Ich konnte mir auch ein kleines Musterpaket schnüren, welches ich am Ende mitnehmen durfte. Die Leute von unserem Bambuslieferanten wollten mir die Muster eigentlich zusenden, aber mir war es dann doch lieber, alles gleich mitzunehmen („was man hat, hat man“).

Produktionshalle im Hauptwerk unseres Bambuslieferanten
ein Teil der Produktionshalle
sample rooms / Ausstellungsraumes unseres Bambuslieferanten
ein Teil des „sample rooms“ / Ausstellungsraumes

Nachdem ich mich im Ausstellungsraum ausgiebig umgesehen hatte und einige Fragen geklärt hatte, fuhren wir zu dritt in ein nahe gelegenes Restaurant zum Mittagessen. Neben einer lokalen Nudelspezialität und weiteren köstlichen Speisen, stand an diesem Tag auch Bambus auf dem Speiseplan. Wie mir erklärt wurde, war es nämlich gerade die richtige Saison für den Verzehr dieses Gerichtes aus einer speziellen Bambusart.

Fahrt zum zweiten Werk unseres Bambuslieferanten

Wie ich erst am Vormittag erfahren hatte, gibt es noch einen zweiten Produktionsstandort. In diesem zweiten Werk erfolgt sozusagen die Rohfertigung des Bambus, daher ist das Werk auch näher bei den Bambuswäldern angesiedelt. Die Gelegenheit, mir auch diesen Standort anzusehen wollte ich mir natürlich nicht entgehen lassen. So machten wir uns nach dem Mittagessen auf den Weg zu einer in etwa einstündigen Autofahrt. Der Weg führte uns durch eine wunderschöne Gegend mit Wäldern, Flüssen und Seen, wie ich es in China zuvor noch nie gesehen hatte. Kein Wunder, haben sich meine Reisen innerhalb Chinas doch bisher immer auf Städte beschränkt.

Das zweite Werk – Die Rohfertigung

Als wir dann im Werk ankamen, wurden wir vom dortigen Werksleiter und seinem Hund wiederum freundlich empfangen. Schon vor dem Gebäude konnte ich „unser“ Material in Form von ganzen Bambusstämmen sehen. Da die Produktionshallen in Hanglage errichtet waren, ging es zuerst einige Stufen nach unten, bis wir dann die eigentliche Produktionsstätte erreichten. Der Werksleiter zog es vor, mit seinem Motorrad außen um das Gebäude zu fahren, um uns dann schließlich drinnen ein zweites Mal zu begrüßen.

Bambusstämme im Außenlager - Standort: Werk unseres Bambuslieferanten, in welchen die Rohproduktion erfolgt
Bambusstämme vor dem Werksgebäude

Ab in den Bambuswald

Die letzte Station unseres gemeinsamen Ausflugs sollte dann noch der Bambuswald sein. Ich wurde ausdrücklich vor den aggressiven Steckmücken gewarnt, ließ mich davon aber natürlich nicht abschrecken. Wir fuhren mit dem Auto ein Stück weiter den Berg hinauf, bis wir schließlich im ersten von zwei Bambuswäldern ankamen. Dieser war allerdings relativ klein und so beschlossen wir, noch einen anderen Wald aufzusuchen. Wir fuhren also zuerst wieder talabwärts, um dann auch der anderen Talseite wieder den Berg hoch zu fahren. Dieses mal ging es deutlich weiter hinauf. Die Fahrt hat sich aber gelohnt und plötzlich standen wir mitten in der Wildnis, umgeben von unzähligen Bambusbäumen. Ich bin nicht ganz sicher, aber ich glaube dieser Wald gehörte sogar dem Werksleiter unseres Bambuslieferanten selbst (auf jeden Fall besitzt er einige Wälder in der Region).

Selfie im Wald (mit dem Chef des Rohmaterial-Werks unseres Bambuslieferanten
Foto mit dem Werksleiter der zweiten Produktionsstätte

Nichts wie weg…

Nachdem ich einige Fotos und Videoaufnahmen gemacht hatte, erfuhr ich hautnah, was mit „aggressive Steckmücken“ gemeint war. Als ich ein leichtes Jucken an meinen Beinen verspürte blickte ich nach unten. Dort sah ich auf meinen Unterschenkeln so circa 30 bis 40 Gelsen, welche sich gleichzeitig dort zu schaffen machten. Ich beschloss spontan, dass ich bereits genügend Fotos gemacht hatte und wir gingen zügig zurück zum Auto.

Oder doch noch nicht so schnell?

Dort angekommen, stellten wir allerdings fest, dass sich dieses nicht mehr starten ließ. Der übermäßige Einsatz der Klimaanlage in Kombination mit Kurzstreckenbetrieb mit vielen Starts hatte die Batterie zu sehr erschöpft. Ein paar Stechmücken hatten es geschafft, mit ins Auto zu kommen und außerdem wurde es ohne Klimaanlage im Inneren unerträglich heiß. So begaben wir uns dann wohl oder übel doch wieder ins Freie. Dort warteten wir dann auf den Pannendienst, welcher nach etwa einer halben Stunde auch erschien. Allerdings, zumindest für mich, doch in einer etwas anderen Form als erwartet: Ein Motorrad mit einer normalen Autobatterie auf dem Gepäcksträger stand vor uns um Starthilfe zu geben, was auch sofort geklappt hat. Die Bezahlung erfolgte, wie in China mittlerweile üblich, direkt elektronisch mit dem Smartphone per WeChat (einer sehr verbreiteten App). Allerdings erst nach einer kurzen Diskussion zwischen den Leuten unseres Bambuslieferanten, wer denn nun bezahlen solle….

Starthilfe und Bezahlung per App

Abendessen mit unserem Bambuslieferanten

Unser Auto war also wieder fahrbereit und so konnten wir uns mit etwas Verspätung wieder auf den Rückweg machen. Unseren Begleiter aus dem zweiten Werk setzten wir dort ab. Dann fuhren wir zurück an den Ausgangspunkt unseres Trips, in die erste Produktionsstätte unseres Bambuslieferanten. Dort machte ich noch einen Abstecher in die Produktion, um noch ein paar Details zu begutachten. Das Ziel meines Besuchs war mehr als erfüllt und ich war bereit, mich zu bedanken und zu verabschieden. Diese Rechnung hatte ich allerdings ohne meine Gastgeber gemacht, welche erneut Ihre Chinesische Gastfreundschaft zeigten und mich noch unbedingt zum Abendessen einladen wollten. Bis zur Abfahrt meines Zuges war noch genügend Zeit und so nahm ich die Einladung dankend an.

Im Restaurant angekommen, wurden wir nach der Auswahl unseres Menüs sofort in einen abgeschlossenen Nebenraum geführt. Wie bei Geschäftsessen üblich wurde natürlich viel zu viel Essen aufgetischt. Wahrscheinlich hätten noch einmal mindestens drei weitere Personen satt werden können. Glücklicherweise ist es heutzutage auch in China möglich, übrig gebliebene Reste mit nach Hause zu nehmen und so konnte sich Anita gleich für den nächsten Tag mit Speisen eindecken.

Abschied und Rückfahrt

Nach dem Essen war es dann aber wirklich Zeit für den Abschied. Natürlich wurde ich noch zum nahe gelegenen Bahnhof gebracht und Anita versicherte sich noch persönlich, dass ich auch erfolgreich die Sicherheitskontrolle passieren konnte. Youxi ist eine, für Chinesische Verhältnisse, kleine Stadt und der Bahnhof ist daher auch relativ klein. Daher machte es mir keine Probleme, rechtzeitig die richtige Abfahrtsstelle zu finden. Also konnte ich bald meinen Platz im Zug einnehmen.

Wieder in Xiamen angekommen, blieb nur noch eine letzte Herausforderung: Dem Taxifahrer beibringen, wo ich hin möchte. Aber ich war gut vorbereitet und mit schriftlichen und mündlichen Anweisungen klappte letztendlich auch diese letzte Etappe ohne größere Probleme.

Nach einer Nacht in Xiamen, ging es dann am nächsten Morgen bereits wieder weiter und ich fuhr gemeinsam mit meiner Familie wieder zurück „nach „Hause“…